Vor zwei Jahrzehnten habe ich ein Buch mit genau diesem Titel gelesen: Liebe heilt.
In diesem Buch sind sich zwei Menschen begegnet und der Abschied der Begegnung löste in der Frau tiefe Schmerzen aus.
Das war der Beginn einer Partnerschaft, in der die Frau ein tiefes Tal der Schmerzen, Scham und Schuld durchquerte und der Mann voller Liebe bei ihr blieb und sie immer über alles redeten. Sie redeten über ihre Ängste und Zweifel, über das Misstrauen, die bestimmte Handlungen in ihr auslösten, über das eingeengte Sein, über Grenzen und über das, was ihnen Freude bereitet. Sie haben sich jeder für sich ernst genommen, in Liebe angenommen und sich gegenseitig Einblick gewährt. Durch diese tief berührenden Gespräche sind sie sich immer näher gekommen und haben es sich zum Auftrag gemacht, dies auch mit anderen Menschen zu teilen: Gelebte, wahre Intimität.
Als ich dieses Buch gelesen hatte, hatte ich gedacht, wow, es gibt sie also doch, die wahre Liebe, allerdings nicht so wie ich es mir vorher vorgestellt hatte, so nach dem Motto der Prinz auf dem weißen Pferd und sie lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende. Nein, in diesem Buch ging es um den Mut zur Ehrlichkeit und sich mit allem zeigen, was da ist.
Dies ist in meinen Augen die höchste Form der Selbstliebe und der Grundstein für eine aufrichtige und intime Partnerschaft.
Ich bin in Partnerschaften immer vielem aus dem Weg gegangen und habe immer danach gestrebt, die Partnerschaft möglichst so zu beeinflussen, dass sie meinen Wünschen entsprach. Ich hatte immer eine gewisse Vorstellung davon, wie es sein muss, doch das hatte nichts mit meiner inneren Wahrheit zu tun, sondern war eher eine selbstgeschriebene Inszenierung.
Wahrhaftigkeit
Nun habe ich es mal ohne Drehbuch versucht und mich eingelassen. Eingelassen auf Konflikte, Schmerzen und Verletzungen. Grenzen aufzeigen! Einlassen, loslassen und ehrlich über meine Gefühle sprechen, was oft von Scham besetzt war und viel Mut erforderte. Doch genau das, mich mit allem, was jetzt gerade wahrhaftig in mir ist, meine Wahrheit in voller Liebe anzunehmen, mich so zu zeigen wie ich bin, wie es in mir aussieht und auch mein Gegenüber mit seiner Wahrheit zu akzeptieren, hat mich dahin geführt, dass ich mit meinem Mann wahre Intimität erfahre. Man kann sich selbst lieben und alles mit sich selbst ausmachen und das Meiste für sich behalten. Doch der wahre Reichtum der Selbstliebe wird spürbar, wenn ich es mit anderen teile und mir keine Vorstellung davon mache, wie mein Gegenüber reagieren wird, nur um die vermeintliche Kontrolle behalten zu können. Nein, ich gehe ohne Drehbuch, ohne Plan A, B oder C und zeige mich mit dem, was mich jetzt gerade ausmacht und sage „Ja!“ dazu. Ich akzeptiere, was da ist und gebe die Kontrolle auf, lasse sowohl die angenehmen als auch die unangenehmen Gefühle zu, ohne darauf reagieren zu müssen. Ich lasse mein Herz sprechen, denn mein Herz spricht für mich, niemals gegen mich.
Für diese einschneidende Erfahrung bin ich wirklich sehr dankbar und möchte nichts anderes mehr leben. Ein Leben ohne Drehbuch, doch dafür eine Biografie mit Liebe.
Bist du auch jemand, der oder die gerne Drehbücher über das eigene Leben schreibt und versucht alles daranzusetzen, seine Rolle perfekt darzustellen und dies auch insgeheim von seinem Gegenüber verlangt? Wenn ja, was kannst du tun, um es zu einer von Selbstliebe getränkten Biografie werden zu lassen? Was ist wahr, was ist deine Wahrheit?
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