Wenn eine Hinrichtung in den USA durchgeführt wird, erhält der Verurteilte das letzte Wort. Die berühmten letzten Worte.
Am Ende des Textes habe ich die Statements von Terry, Robert und Abel aufgeführt. Alle waren auf einer Liege festgeschnallt, als sie ihre Worte sprachen. Direkt im Anschluss erfolgte die Hinrichtung.
Ich bin Mitglied bei der Initiative gegen die Todesstrafe. Unser Verein setzt sich für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe ein. Wir sind der Überzeugung, dass die Todesstrafe eine grausame und die Menschenwürde verletzende Form der Bestrafung ist. Die tatsächlich höchste Form der Folter.
Wir respektieren die Gefangenen als Menschen, ohne deren Straftat zu akzeptieren.
Eine jahrelange Brieffreundschaft hat mich mit den Dreien verbunden, bis zu ihrem letzten Tag. In allen drei Fällen erhielt ich den letzten Brief eine Woche nach der Hinrichtung.
“Wenn Träume Hand und Fuß bekommen und aus Wünschen Leben wird, dann kann man wohl von einem Wunder sprechen.” Unbekannter Verfasser
Dieser Spruch steht häufig auf Karten, wenn wir den glücklichen Eltern zur Geburt ihres Kindes gratulieren.
Ich habe mir häufig die Frage gestellt, wann wir dieses Wunder in einem Menschen nicht mehr sehen? Was muss passieren, dass wir es aberkennen? Wenn dieser Mensch zu einem Erwachsenen heranwächst? Ab einem bestimmten Alter? Oder wenn dieser Mensch einen Fehler gemacht oder ein Verbrechen begangen hat?
Niemand entscheidet über den Ort seiner Geburt. Wo wir geboren werden, entscheidet allein etwas, was weit außerhalb unserer Kontrolle liegt.
Also, was trennt uns eigentlich voneinander, wenn nicht nur unsere körperliche Form?
Länder und Gebiete werden durch Grenzen getrennt. Grenzen, die wir Menschen erschaffen haben. Jetzt sind wir nicht verantwortlich dafür, welche Entscheidungen Menschen vor Jahren getroffen haben. Aber wir sind verantwortlich für unsere Entscheidungen, die wir in unserem Leben treffen.
Nicht jeder Mensch hat das Glück, in einem Land geboren zu werden, wo Frieden herrscht. Nicht jeder Mensch hat das Glück, in einer Familie aufzuwachsen, wo er geliebt und umsorgt wird und so weiter und so weiter …
Kein Baby wird als Mörder geboren, sondern das Wunder des Lebens entsteht. Wohl das größte Geschenk, das wir erhalten. Was ist also geschehen? Wer ist verantwortlich für Kinder, die zu Verbrechern werden?
Wenn ein Mensch geboren wird, ist es bildlich gesehen ein weißes Blatt Papier, und wir zeichnen/malen darauf und hinterlassen unsere Handschrift. Als Erstes sicherlich die Eltern, die Familie und sehr nahestehende Personen. Später kommen dann Lehrer und andere Autoritätspersonen dazu. So entstehen Prägungen und Glaubenssätze. Manchmal ist uns gar nicht bewusst, wie viel Einfluss wir haben.
Aber haben wir nicht alle das Bedürfnis, ein gutes und erfülltes Leben zu führen?
Was können wir also tun, um uns dies zu bewahren, oder welchen Beitrag können wir leisten, um dies überhaupt zu erreichen? Was liegt in unserer bzw. meiner Verantwortung?
Mich hat das Thema Todesstrafe damals zutiefst erschüttert. Ich fand es abscheulich und entwürdigend. Sicherlich muss ein Verbrechen bestraft werden. Wenn nötig, Freiheitsentzug für immer, zum Schutz der Bevölkerung. Aber dürfen wir töten, um zu zeigen, dass wir nicht töten sollen?
Ich lebe in einem Land, wo die Todesstrafe seit 1949 abgeschafft wurde. Ok, für Deutschland ist das Problem gelöst, aber was ist mit allen anderen Ländern wie z. B. USA, China, Iran, Saudi-Arabien, Irak, Ägypten …..
Es sind erschreckend viele und die Liste ist lang. Wie kann ich helfen? Was habe ich überhaupt für Möglichkeiten? Ganz alleine so gut wie keine, also habe ich mich einer Gruppe angeschlossen, der Initiative gegen die Todesstrafe.
“Wenn Menschen zusammenkommen, muss man mit Wundern rechnen.”
von Hannah Arendt.
Anfangs habe ich mich mit einer großen inneren Kraft und Hingabe engagiert. Ich habe mich mit meinem ganzen Wollen über viele Jahre daran beteiligt. Und mit den Erlebnissen und Erfahrungen entstanden eigene Ideen und Projekte. Ich kann davon erzählen, ich kann anderen helfen, ich kann es mit-teilen, ich kann es nutzen.
Meine Projekte wachsen und entwickeln sich und sie sind sicherlich nicht vollkommen, aber meine Projekte haben etwas ganz Entscheidendes, etwas, was kein anderes Projekt noch einmal hat. Sie existieren, weil ich mich dafür entschieden habe und mich verantwortlich fühle! Mein Engagement hat für mich einen Wert wie kein anderes. Es zeigt mich und mein Sein.
Menschsein heißt, über individuellen und schöpferischen Ausdruck zu verfügen,
und ist ein sich ständig verändernder und lebendiger Prozess. Ein Mensch, der wirklich lebt, erlebt dauernde Veränderung.
Wir singen, tanzen, malen, bauen Häuser ….
Die Kreativität oder der persönliche, schöpferische Ausdruck ist nicht etwas, das der eine hat und der andere nicht. Es ist das menschlichste überhaupt. Wir haben es alle!
Wenn wir der Gegenwart und dem, was jetzt ist, mehr Beachtung schenken, dann können wir sie auch verbessern. Und wenn wir sie verbessert haben, dann wird das Nachfolgende auch besser sein und wir werden etwas hinterlassen.
Dazu müssen wir das Leben wertschätzen. Unser eigenes Leben und natürlich das der Anderen.
Um wahre Wertschätzung herbeizuführen, müssen wir einfach nur wir selbst sein.
Dies dürfen wir nutzen, um diese Welt zu verbessern und noch ein bisschen schöner zu machen.
Lasst uns nicht vergessen, dass wir mit Nichts auf diese Welt gekommen sind. Viele wundervolle Menschen waren oder sind noch immer an unserer Seite.
Genauso wie wir an deren Seite sind.
“I am at peace with God. I hope you all find peace in this.”
Terry Darnell Edwards, 26. Januar 2017
“I just want to let everyone in here know I love you so much. I’ve hurt a lot of people and a lot of people have hurt me. I love y’all so much. Life doesn’t end here it goes on forever. I’ve had to learn lessons in life the hard way. One day there won’t be a need to hurt people. I love y’all so much. I’m ready to go but I’ll be back. Nighty night everybody, nighty night everybody. I’m done warden.”
Robert Lynn Pruett, 12. Oktober 2017
“Yes sir. I would like to thank God, my dad, my Lord Jesus savior for saving me and changing my life. I want to apologize to my in-laws for causing all this emotional pain. I love y’all and consider y’all my sisters I never had. I want to thank you for forgiving me. Thank you warden.”
Abel Revill Ochoa, 6. Februar 2020
Bildquelle: “Raven” – Gemalt von James Christopher Crowder – inhaftiert in Texas – für Daniela Steiner