Strebe nicht nach Unterforderung

Autor: Peter Michael Dieckmann

Dein Körper, deine Seele, dein Verstand und auch deine Emotionen wollen am Leben teilnehmen und, in diesem Sinne, herausgefordert werden.

 

Widerstand statt Leichtigkeit

So wie ein Muskel den Widerstand braucht, um zu wachsen, so braucht auch unsere Seele Widerstände, um sich weiterentwickeln zu können. Für viele klingt der Begriff Widerstand negativ, in diesem Kontext ist er positiv gemeint. Der Widerstand für körperliche Muskeln sind Gewichte, beispielsweise in Form einer Hantel, der Widerstand für die Seele ist eine (Lebens-) Aufgabe, die uns herausfordert.

Oft höre ich als erstrebenswertes Ziel das Erlangen von innerer Freiheit und Leichtigkeit: Freiheit von Sorgen und Ängsten, Leichtigkeit statt Erschwernisse im Alltag. Doch, um beim Beispiel des Krafttrainings zu bleiben, muss ein Gewicht schwer sein, um den Muskel herauszufordern. Krafttraining ist kein Wellness und unsere Lebensaufgabe ist keine Oase der Bequemlichkeit.

 

Ein Kindergarten in Jerusalem

Diesen Text schreibe ich in Jerusalem. Ich übernachte im St. Charles Gästehaus der Borromäerinnen. Neben dem Gästehaus betreiben die Nonnen einen Kindergarten für muslimische Mädchen aus Ost Jerusalem. Ein christlicher Kindergarten im jüdischen Viertel für muslimische Kinder, besser geht es nicht…
130 Kinder werden dort derzeit betreut und unterrichtet. In Israel gilt das britische Schulsystem, den Kindern wird bereits im Kindergarten lesen, schreiben und rechnen beigebracht, bevor sie eingeschult werden. Dazu Spiele und Bewegung, alles was Kinder in einem Kindergarten erleben wollen. Die Borromäerinnen haben gut zu tun, sie müssen jedes Jahr die Lizenz beim israelischen Erziehungsministerium erneuern und alle Auflagen der Ministerien für Gesundheit und Sicherheit erfüllen. Auch die Finanzierung ist nicht einfach. Nicht alle Eltern können die Gebühr bezahlen. Die Nonnen sind deshalb auf Spenden
angewiesen. Auch die Unterhaltung des Gästehauses ist keine leichte Aufgabe. Die Coronazeit hat auch hier Spuren hinterlassen.

Die Herausforderungen für die Klosterfrauen sind groß. Unterforderung ist ein Begriff, den sie nicht kennen.

Und auch die Kinder in dem Kindergarten dürfen sich nicht unterfordert fühlen. Sie müssen selbst täglich über ihre Grenzen gehen, um weiter lesen, schreiben und rechnen zu lernen. So wie wir alle in der Zeit unserer Ausbildung auch.

Eine latente Überforderung ist auch in unserem Erwachsenenleben besser als eine chronische Unterforderung. Ruhezeiten sind okay, aber kein Dauerzustand. Lebensfreude braucht Gewichte, die sie in die Höhe heben kann…

 

Bildnachweis für diesen Beitrag: hantel-sport-gewichte-fitnessraum @ Jonas_Fehre (pixabay CC-0)

Peter Michael Dieckmann

Peter Michael Dieckmann

www.dalmanuta-prinzip.de

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