So anspruchslos einfach!

Autor: Franziska Kövener

Anspruchslos sein – Eine Haltung, die oft erstmal nicht positiv verstanden wird. Der Begriff wird häufig benutzt, wenn jemand nichts erreichen möchte, oder auf bestimmte Dinge keinen Wert legt. 

Ich für meinen Teil sehe mich regelmäßig mit einer Menge von Ansprüchen konfrontiert, die das Leben nicht gerade leichter machen.

 

Ansprüche, die ich an mich selbst stelle

Alles muss perfekt sein. Meine Arbeit und meine Projekte, mein Aussehen, mein Verhalten. Manchmal bin ich dadurch recht blockiert und bekomme nichts fertig. Sorgfältig sein finde ich schon sinnvoll, aber es dürfte gern etwas weniger perfektionistisch sein.

Ich habe erst kürzlich extrem erfolgreich ein Projekt gestartet. Als ich Bekannten davon erzählt habe, die auch in diesem Bereich aktiv sind, wollten sie alle von mir wissen, wie ich es anstelle, so herausragende Ergebnisse zu erzielen. Sie wollten es nachmachen und einen Wettbewerb dazu veranstalten. Plötzlich wurde es schwierig für mich. Ich habe mir Leistungsdruck gemacht und hatte das Gefühl, jetzt extrem hohe Erwartungen erfüllen zu müssen. Der Anspruch an mich, es mehr als nur gut machen zu müssen, hat mir so viel Druck gemacht, dass ich von meinen vorherigen Ergebnissen nun meilenweit entfernt war und es mich einiges an Aufwand kostete, wieder zur vorherigen Form zurückzufinden. Ich hatte auch das Gefühl, dass die anderen Erfolgsanspruch an mich stellten, was es nicht besser machte.

 

Ansprüche, die ich an andere stelle

Auch habe ich habe schon Ansprüche an andere gestellt, die mir selbst das Leben erschwert haben.

Beispielsweise Ansprüche an meine Eltern. Ich habe immer gehofft, sie könnten lernen mich zu verstehen und zu akzeptieren wie ich bin. Ich hoffte, sie könnten mich frei lassen von ihren Ansprüchen und sie selbst könnten etwas mehr so sein, wie ich es mir von ihnen gewünscht hätte. In dieser Beziehung habe ich erst Frieden gefunden und einen Großteil meines Schmerzes verloren, als ich erkannt hatte, dass es überhaupt nichts bringt diese Erwartungen zu stellen, außer meine eigene Enttäuschung.

Auch im beruflichen Kontext habe ich gerade zu Beginn an so ziemlich jeden Ansprüche gestellt – Ich hatte klare Vorstellungen, wie die Dinge zu funktionieren haben und war frustriert, wenn sich etwas so nicht umsetzen ließ oder wenn jemandes Arbeitsweise nicht meinen Idealen entsprach. Heutzutage bin ich da entspannter, kann viele verschiedene Wege, Arbeitsweisen und -geschwindigkeiten akzeptieren und empfinde so viel mehr Wertschätzung meinen Kollegen gegenüber.

Hin und wieder erwische ich mich auch dabei, dass ich unnötig hohe Ansprüche an meinen Sohn stelle. Er ist wunderbar und ich kann mich sehr glücklich schätzen, ihn in meinem Leben zu haben. Manchmal lasse ich mich jedoch verleiten, beispielsweise meinen Ordnungstick und meine Vorstellung, wie ein guter Alltag zu funktionieren hat, auf ihn auszuweiten. Letztens sagte er zu mir: Mama, im Grunde läuft hier alles richtig gut, aber wenn einmal was schiefgeht, ist gleich komplett alles Scheiße für den ganzen Tag. – Er hatte recht und seitdem habe ich immer seinen Satz im Kopf, wenn ich mich über irgendwas aufregen möchte. Ist es wirklich nötig? Oder einfach ein viel zu hoher Anspruch an einen 13-Jährigen? Ich hatte ein sehr schlechtes Gewissen, ihm dieses Gefühl vermitteln zu haben und bin sehr dankbar, dass er mir Kante gezeigt hat.

 

Ansprüche, die an mich gestellt wurden

Was macht es mit uns, Ansprüche entgegengebracht zu bekommen, denen wir nicht gerecht werden können oder die nicht mit unseren eigenen Vorstellungen übereinstimmen?

Bei mir kam es zu Frust, Druck und Kontaktabbrüchen.

In meiner Jugend hatte ich eine „Freundin“, die die Beziehung, die wir zueinander hatten, anders verstand als ich. Sie hatte sehr klare Vorstellungen, wann und wie ich mich zu melden und was ich für sie zu tun hatte. Vielleicht hatte sie aus ihrer Perspektive auch recht damit. Mich jedoch hat ihre Erwartung und Ansage dahingehend so verschreckt, dass ich den Kontakt abgebrochen habe. Durch ihre Erwartungshaltung war mir auch keine lockere Freundschaft mehr möglich.

Ein anderes Beispiel ist die Beziehung zu meinen Eltern. Ich habe es nie geschafft, das passende Kind für meine Mutter zu sein. Immer habe ich etwas falsch gemacht, nie hat etwas ausgereicht, nie habe ich genug gegeben oder die richtige Meinung geteilt. Ich konnte das einfach nicht mehr ertragen und habe heutzutage überhaupt keinen Kontakt mehr zu meinen Eltern, weil mich die Ansprüche und Erwartungen erdrückt haben.

 

Anspruchslos einfach…

… darf es in meinem Leben etwas öfter sein. Wie ist es bei Dir?

Welche Ansprüche stellst Du an andere, die eventuell eine Beziehung belasten? Oder Dich selbst?

Welche Ansprüche stellst Du an Dich selbst, die völlig überzogen sind? Die Dich ausbremsen, um ins Handeln zu kommen? Ansprüche, die Dich hindern, Dich zu zeigen und ins Leben zu werfen?

Entspannt sein möchte ich, weil meine Arbeit gut ist und irgendeine Hose mir schon passen wird. Ich werde niemanden verschrecken – Dazu bin ich zu sorgfältig und bedacht.
Uns allen wünsche ich ein solches Entspanntsein – Eine Balance, durchaus einen Anspruch ans Leben zu haben, aber keine Überanspruchung uns und anderen gegenüber zu leben.

 

Bildquelle: https://pixabay.com/de/photos/freiheit-frau-stra%C3%9Fe-stadt-2940655/

 

Franziska Kövener

Franziska Kövener

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