Begegnungen auf der Flugschneise des Lebens

Autor: Ceylan Birgin

Jonathan, ein junger Mann mit einem Traum

Wie ein Traum kommt es mir vor. Als ob ich diese Situation nicht reell erlebt habe. Es war morgens um 3 Uhr, am Frankfurter Flughafen. Ich bin für die Meditations-Reise, viel zu früh angekommen und saß mit meinem Koffer am Terminal C. Die Aufregung, alles rechtzeitig zu schaffen, war bereits verflogen.

Ein junger Mann, mit einer braunen Jacke, einem Hoodie und großen Kopfhörern saß neben mir zwei Plätze weiter. Er nickte und lächelte mich an. Ich lächelte zurück. Irgendwann fragte er mich, wohin ich wollen würde und wie lange ich hier schon sitze. Ich verriet nicht viel, nur soviel, dass ich auf einer Reise nach Jerusalem bin. Freundlich fragte ich ihn nach seiner Reise. Er erzählte mir von seinem Traum und von seiner Lebensgeschichte. Er macht leidenschaftliche Musik und lebt auf der Straße. Dadurch fühle er sich frei. Frei von allen Rahmen. Frei von allen Verpflichtungen.

Seine Mutter unterstützt ihn nicht, weil er sich nur auf seine Musik konzentriert. Seinen Job bei Tesa hat er gekündigt, daraufhin schmissen seine Mutter ihn raus. Sein Vater war der einzige, der ihn verstanden und unterstützt hat. Doch er ist bereits verstorben. Den Verlust seines Vaters hat er wohl noch nicht überwunden. Schutzlos lebt er nun auf der Straße. Und die Jacke, die er trug, gehörte einst seinem Vater.

Die Zeit verging wie im Flug und ich saß einfach nur da und hörte ihm zu. Er hat den Traum, sich mit seiner Musik zu verwirklichen. Deshalb fragte ich ihn, ob er einen Wunsch hätte, den ich dann mit ins heilige Land nehmen würde. Als ich seine Frage, ob ich das wirklich tun würde, bejahte, nahm er einen Zettel und schrieb seinen Wunsch für mich darauf.

Die Nacht wurde langsam zum Morgen und jetzt sah ich am Terminal C auch langsam die anderen Teilnehmer der Reise auftauchen. Ich gab Jonathan noch einen heißen Tee und überließ ihn “Ulrich Schaffers Grundrechte” mit den Worten: „Du kannst dieses Buch behalten, vielleicht kannst du es besser gebrauchen als ich.“ Mit großen Augen bedankte er sich bei mir.

Am letzten Tag der Israel-Reise saß ich am See Genezareth, nahm den Zettel und klemmte ihn an einen Baum. Im nächsten Moment kam ein Windstoß auf und Jonathans Wunsch wurde durch den Wind an die höhere Macht übergeben. ❤️‍????

Wir leben auf einer Flugschneise! Begegnet dir ein Mensch auf deiner Reise Namens Leben, begegne ihm mit Sanftmut. Und hör einfach nur zu. Vielleicht begegnet man sich nur 1-mal und diese Begegnung ist dann lebensverändernd.

 

Bildnachweis für diesen Beitrag: Begegnungen auf der Flugschneise des Lebens. Copyright Ceylan Birgin 2022

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