Bis hierhin und nicht weiter!

Autor: Franziska Kövener

Bis hierhin und nicht weiter!

Ein Satz der Grenzen zieht.
Vielleicht eine Grenze, die ich selbst nicht bereit bin zu überschreiten. Zum Beispiel ein „Preis“, den mir eine Sache nicht Wert ist: Dauerleistung auf Kosten der Gesundheit, Überstunden zu Lasten meiner Familienzeit, moralische Grenzen, die ich auch für meinen Vorteil nicht bereit bin zu übertreten. Oder Grenzen, die ich gar nicht überschreiten kann.

Es gibt auch Grenzen, bei denen ich mir wünsche, dass andere sie mir gegenüber wahren:
ausreichend körperliche Distanz, die Art, wie mit mir gesprochen wird, was mir an Aufgaben zugeteilt werden kann, Grenzen in persönlichen Beziehungen, unser Umgang miteinander, Verurteilungen, Bevormundungen – sicher kennt jeder solche Grenzen für sich.

 

Aber wie sieht es damit aus, diese Grenzen auch zu halten und zu verteidigen, wenn es hart auf hart kommt?

Das halte ich für eine schwere Disziplin der Lebenskunst!
Ich habe schon so oft in meinem Leben über meine Grenzen hinaus gehandelt und geduldet und frage mich was hilft.
Was gibt mir den Mut, NEIN zu sagen?
Was gibt mir die Kraft, standhaft zu sein und klare Kante zu zeigen?

Ich habe gemerkt, dass es mir viel leichter fällt für eine Grenze klar einzustehen, wenn nicht ich die direkte Betroffene bin.
Zum Beispiel konnte ich eine gestörte familiäre Beziehung erst beenden, als mein damals zweijähriger Sohn verwickelt wurde.
Auch gehe ich Konflikte in der Arbeit dann sofort an, wenn die mir Schutzbefohlenen anderenfalls unberechtigt zu leiden hätten.
Für die Menschen, die mir nahe stehen, kann ich wie eine Löwin kämpfen, mich wie ein Schutzschild vor sie werfen – Aber für mich selbst?
Da verstumme ich gern mal, stottere vor mich hin, verpacke alles in butterweiche Worte, bleibe wie angewurzelt stehen, halte es aus…

 

Der Grund, weshalb ich es für andere kann, ist die LIEBE.

Die direkte Liebe oder die Liebe für die Menschlichkeit. Weil ich tief in mir fühle, dass jeder das Recht hat, psychisch und physisch unversehrt zu bleiben, glücklich zu werden und jeder Würde hat – ein Schatz den es zu wahren gilt.

Dass dies alles ich selbst auch habe, habe ich erst erkannt, als ich meinen neugeborenen Sohn im Arm hielt. Mir wurde klar, dass ein neugeborenes Baby sich nichts verdienen muss, sich für nichts würdig erweisen muss, dass seine bloße Existenz das Recht auf Integrität mitbringt.
Und auch ich war so ein Baby.

Aktuell steht bei mir wieder eine Grenzziehung an, eine, die ich sehr deutlich vollziehen möchte.
Das ganze Wochenende überlege ich schon, wie ich das anstellen und ob ich das packen werde.
Nun trete ich einen Schritt zurück und versuche, alles etwas mehr von außen zu betrachten.
Und da sehe ich einen Menschen, den ich liebe und dessen Grenzen und Regeln bereits massiv angekratzt wurden.
Ich werde bei der nächsten Gelegenheit dafür sorgen, dass sie nicht einreißen!
Denn dieser Mensch hat ein Recht darauf! Ich habe ein Recht darauf! Du hast ein Recht darauf!

Was sind Deine Regeln?

Was sind Deine Grenzen?

Wo werden diese nicht gehalten?

Und was kann DIR helfen, Dich für ihre Wahrung einzusetzen?

 

Meine Wege in dieser Sache sind unterschiedlich.

Manchmal reicht es mir, meine Selbstliebe hervorzukramen und sie wieder mehr zu spüren, zum Beispiel, indem ich, wie beschrieben, mehr „von außen“ auf die Situation schaue.
Ich habe auch schon mal in einem Coaching konkret für eine Situation geübt oder dank einer Therapie   Grenzüberschreitungen überhaupt erst festgestellt.

Meine eigenen Grenzen ziehen und zu verteidigen ist auch heute noch oft ein Schritt raus aus meiner Komfortzone.  Jedoch hat er sich bisher jedes Mal gelohnt. Denn jedes Mal, wenn ich ihn gegangen bin, habe ich Befreiung und Entlastung gespürt und jedes Mal war es ein Schritt mehr zu mir selbst.

Auch die Wahrung der Grenzen anderer ist mir wichtig und ich denke, wir können es uns hier gegenseitig auch etwas einfacher machen.
Anklopfen bevor ich einen Raum betrete, ein „Ist das ok für Dich?“ oder „Passt das für Dich auch so?“ oder „Darf ich dazu etwas sagen?“ gibt mir Sicherheit darin, die Grenzen des anderen zu wahren, da mein Gegenüber die Gelegenheit bekommt sein Veto einzulegen.

Trotz aller Akzeptanz, Rücksichtnahme, Friedfertigkeit, Harmoniebestreben und den „Alles ist eins“-Grundgedanken, welche wohl viele Menschen gern pflegen, üben und leben möchten, lade ich heute dazu ein zu sagen:

“Bis hierhin und nicht weiter!”  –

für die Akzeptanz und Rücksichtnahme auch Deiner Bedürfnisse und die Friedfertigkeit, Harmonie und dem Vereintsein auch mit Dir selbst.

Franziska Kövener

Franziska Kövener

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